Für das Chirontreffen 2010 hatte der Vorstand sich ein neues Konzept überlegt. Verschiedene Angebote von Springen über Dressur, Sitzschule bis hin zu Bodenarbeit sollten für alle Mitglieder etwas bieten. Der neue Reitstall von Petra Timmler, das Gut Ginsterhahn in Sankt Katharinen, wurde zum Treffpunkt der Chironreiter gewählt. Noch gleicht das hoch auf einem Hügel gelegene Gut einer Baustelle, aber es ist deutlich zu erkennen, welches durchdachte Konzept hier auf die Beine gestellt werden soll. Bei der Organisation des Treffens zeigte sich, dass bei den Mitgliedern großes Interesse am Dressurunterricht bei Légèreté-Trainerin Tina Ott und den Centered Riding-Einheiten bei Uli Hartmann besteht. Da die Außenanlagen noch nicht genutzt werden konnten, wurde das Kursangebot auf Unterricht in Dressur, Centered Riding, TEAM Arbeit und ATM- Einheiten für die Reiter beschränkt.
Einige Gäste reisten schon am Freitag an und freuten sich über die geräumigen Boxen, die Petra Timmler auf ihrem Hof zur Verfügung stellte. Nachdem die Pferde gut untergebracht waren, wurde abends im komplett gemieteten Gästehaus Boden in Roßbach/Wied ordentlich gefeiert. Doch nicht zu lange, denn der nächste Tag sollte anstrengend werden.
Los ging es mit Dressurunterricht: Die Halle mit Maßen ca. 25 x 35 Meter hatte mit ihrem federndem Boden und den Windnetzen auf der langen Seite wunderbare Voraussetzungen. Tina Ott erklärte den ersten Reitern ihre Technik für ein schwungvolles Vorwärts-Abwärts-Traben. Dabei spielt neben der Flexibilität von Maul und Genick unter anderem die „Impulsion“, d.h. die Leichtigkeit am Bein, eine wichtige Rolle. Alle Reiter konnten das anschauliche Konzept erfolgreich umsetzen und anschließend je nach Ausbildungsstand zu schwierigeren Lektionen, z.B. Seitengänge in allen Gangarten übergehen. Hier zeigte sich eine Gemeinsamkeit des Chironsystems mit der Karl’schen Légèreté: Das Vorwärts-Abwärts im schwungvollen Arbeitstrab mit gut aufgebautem Spannungsbogen ist das A und O jeder Reiteinheit.
Zeitgleich arbeitete Matthias Rießland mit „seinen“ Reitern an ihrem Sitz. Uli Hartmann konnte leider aus familiären Gründen nicht unterrichten und wir waren dankbar, dass Matthias den Unterricht übernahm. Der Feldenkrais-Lehrer arbeitet schon lange mit ihr zusammen. Bei dieser Arbeit lernen die Reiter mehr auf die Bewegungen der Pferde zu hören, wie bewegt sich was, was bewegt mich und wie ist meine Reaktion darauf. Für viele überraschend zeigten sich versteckte Muskel(ver)spannungen oder Fehlhaltungen an Stellen, die gar nicht der Ursprungsort des Problems waren. So führt beispielsweise eine eingeknickte Hüfte auf der anderen Seite zu Verspannungen der äußeren Wade. Und zwar weil durch Ausgleichsbemühungen (vermehrtes Eintreten in den Bügel) der Knick kompensiert werden sollte. Wie ein Detektiv folgt Matthias den Spuren der Verspannungen, lenkt die Aufmerksamkeit auf ein anderes Körperteil, bewegt hier und da eine Kleinigkeit und entdeckt schließlich den Ursprung des Problems. Hier konnten auch unsere beiden „Anfänger“ Frank und Sarah viel lernen. Im Schritt ohne Sattel (das Pferd wurde geführt) machten sie zum ersten Mal die Erfahrung der vollkommenen Harmonie mit dem Pferd.
In der Gruppenstunde Feldenkrais ATM (Attachement through movement) für die Reiter konzentrierten wir uns unter Anleitung von Matthias ganz auf unsere Bewegungen beim Gehen, die Körperhaltung beim Sitzen und wie die einzelnen Elemente unseres Körpers zusammenspielen. Von der Aussichtsplattform des Gutes (der zukünftige Reitplatz) hatten wir eine wunderschöne Rundumsicht auf die hügelige Gegend, was Matthias gleich zu einigen Übungen für die Augen inspirierte. Eine große Bedeutung bei der Erfahrung von Bewegung hatten die Sitzhöcker, welche man ja auch beim Reiten erheblich nutzt. Auch hier zeigte sich bei allen das komplexe Zusammenspiel der Muskeln im Körper: konzentrierte man sich auf die Beweglichkeit der Hüfte, machte auf einmal die vorher unbemerkte Verspannung in der Schulter oder im Nacken deutlich auf sich aufmerksam...
Nachmittags demonstrierte uns Petra Bodenarbeit nach der TTEAM-Methode. Hier lernten Anfänger und fortgeschrittene Reiter gleichermaßen, wie sie Pferde mit Hilfe von (sanft verschnallter) Führkette und Gerte dirigieren und gemeinsam Bodenhindernisse, wie ein Stangenlabyrinth bewältigen können. In einer zweiten Einheit führte Petra T-Touches vor, eine Möglichkeit, verspannte Pferde zu entspannen oder auch ihnen ihren eigenen Körper bewusster zu machen.
Wer gerade nicht am reiten war, sein Pferd holte oder wegbrachte, machte es sich an der reichhaltigen Verpflegungsstation neben der Reithalle bequem. Auf der geschotterten Fläche, auf der künftig neben einer Führanlage Paddockboxen für sechzehn Pferde und ein Aktivstall stehen werden, hatten Oliver und Angie Schmidt-Nechl mit Bierzeltgarnituren, Sonnenschirm und Kaffeevollautomaten für sehr gute Verpflegung gesorgt. Während die Pferde das frische Gras auf Petras Gastpaddocks genossen, wurde hier und auch am Rande der Reithalle das Erlebte nochmal ausgiebig diskutiert, mit früheren Erfahrungen verglichen und bewertet. Alle Lehrer standen für Nachfragen gerne zur Verfügung und erläuterten ihre Herangehensweise an das Thema Reiten.
Fazit: Das Chironwochenende 2010 zeigte deutlich, dass es viele Wege zum Ziel gibt, die miteinander kombiniert oft neue Möglichkeiten für ein vermeintlich unlösbares Problem zeigen. Schon Rolf Becher wusste, dass eine Methode niemals für sich alleine steht, sondern von anderen Ideen profitieren soll. Das haben wir an diesem Wochenende ausführlich getan. Besonders schön dabei war, dass auch Reiter, deren Pferde nicht springen sollten oder Reitanfänger an Einheiten teilnehmen und viele Erfahrungen sammeln konnten. Das größte Dankeschön geht aber an Petra und ihre Familie für die tolle Unterbringung unserer Pferde. Wir freuen uns schon auf den nächsten Kurs, wenn die Reitanlage fertiggebaut ist!
[Fotos folgen!]
Über die Trainer: